Sudlerei

Landsknechte aufgemerkt! Hier geht es um Suff und Fraß, da wollten wir doch schon immer mal mehr wissen. Die Sudlerei ist das Jahr über auf den Festen und natürlich auch an Peter-Und-Paul für das leibliche Wohl von Haufen und Troß zuständig. Ohne die ginge wirklich gar nix, denn ein hunriger Landsknecht taugt einfach nicht zum Dienst. Gekocht wird alles was schmeckt – und mittelalterlich ist. So ist denn die Erforschung und das Ausprobieren historischer Kochrezepte ein dauerndes Thema, angefangen bei der Frage, welche Zutaten eigentlich welchen Schichten zur Verfügung standen. Deshalb ist sie auch Thema des ersten größeren Beitrages, den wir in dieser Rubrik veröffentlichen.

Und jetzt die Messer gewetzt, guten Appetit und viel Spaß beim Lesen. Und bevor ihr euch das nächste mal an die Tafel setzt, kennt ihr die Tischsitten, sonst setzt es Hiebe mit dem Kochlöffel!

Historisches zur Sudlerei

Ein Problem, das immer wieder auftritt, wenn man die Ernährungsgewohnheiten des Mittelalters darzustellen versucht, ist die lückenhafte Quellenlage. Quellen über das frühe und Teile des Hochmittelalters fehlen fast vollständig. Erst das späte Mittelalter erlaubt aufgrund einer gestiegenen Schriftlichkeit einen aufschlussreicheren Einblick in die Ernährungslage. Aus dieser Zeit, dem späten 14. und frühen 15. Jahrhundert, entstammen auch die ersten Kochbücher, die sich zum Teil bis heute erhalten haben. Der nun folgende Text soll dem Leser einen Einstieg in die mittelalterlichen Ernährungsgewohnheiten bieten. Dargestellt wird die Entwicklung vom frühen Mittelalter bis hin zum späten Mittelalter. Zwei weitere Abschnitte werden sich mit den damaligen Tischsitten, der Kücheneinrichtung, den Zubereitungsarten und den gebräuchlichsten Geschirr- und Besteckteilen befassen. Vom Hochmittelalter zum Spätmittelalter

Über die Ernährung ab dem Hochmittelalter ist man dank einer vermehrten Quellenlage recht gut orientiert. Allerdings konzentrieren sich die meisten erzählenden Quellen auf die Darstellung der höfischen Gesellschaft. Trotzdem kann man aufgrund archäologischer Untersuchungen auch Rückschlüsse auf die Ernährung des bäuerlichen Bevölkerungsteils ziehen. Im Hochmittelalter kam es durch Veränderung im Produktionsbereich, etwa durch die Einführung der Dreifelderwirtschaft, zu einer verbesserten Ernährungssituation und zu einer Umwandlung der Ernährungsgewohnheiten. Bedingt durch ein großes Bevölkerungswachstum musste der Ackerbau intensiviert und die Anbauflächen auf Kosten von Wald und Weiden vergrößert werden. Weiterhin kam es zu einer sozialen Differenzierung bei den Nahrungsmitteln, die in Herrenspeise und Bauernspeise unterteilt wurden.

Bäckerei Ende des 15. Jh.

Getreide stand im Mittelpunkt der Ernährung. Brot, das im 10. Jahrhundert noch als Leckerbissen galt, fand immer weitere Verbreitung, allerdings gab es Unterschiede bei dem verwendeten Brotgetreide. Das fein gemahlene Weizenmehl wurde zu Weißbrot verarbeitet und fast ausschließlich von den Höhergestellten gegessen, während die Bauern mit den minderwertige Schwarzbroten aus Hafer und Roggen Vorlieb nehmen mussten. Zu diesen Brotsorten ergänzte bei den Bauern noch Getreidebreie oder Mus aus Gerste und Hafer die tägliche Ernährung. Es ist heute noch zu erkennen, welchen Stellenwert Brot damals gehabt haben muss. Ausdrücke wie Abendbrot, Brotzeit, in Lohn und Brot stehen oder auch die Bezeichnung des Arbeitgebers als Brotgeber zeigen dies deutlich. Insgesamt gesehen war der Anteil an vegetabiler Ernährung bei den Bauern erheblich höher als beim Adel oder Klerus. Reis war das einzige Importgetreide und damit entsprechend teuer. Buchweizen kam erst im 15. Jahrhundert aus Asien nach Europa.

Neben den verschiedenen Getreidesorten wurden alle Arten des heimischen Gemüses gegessen, vor allem Rüben und Kohl, aber auch Lauch, Rettich, Möhren, Zwiebeln, Kürbisse und Gurken, die zuerst von Mönchen angebaut wurden, Fenchel, Erbsen, Linsen und dicke Bohnen. Die uns heute vertrauten weißen und grünen Bohnen kannte man zu dieser Zeit noch nicht, sie kamen erst nach der Entdeckung Amerikas auf die europäischen Speisepläne. Rüben und Kohl galten als typische Bauernspeise, allerdings fand man sie auch auf den Herrentischen. Interessanterweise ist von Pilzen zunächst nicht die Rede.

Wildbret war fast ausschließlich zur Herrenspeise geworden, da der Adel allmählich das Jagdprivileg ausschließlich für sich beanspruchte. Gejagt und gegessen wurde so ziemlich alles, was der heimische Wald zu bieten hatte: Wildschwein, Hirsch, Reh, Hase, Bär, Gämse und Steinbock, aber auch Eichhörnchen, Igel und Dachs. Auch Federwild wurde gern gegessen, so etwa Wachteln, Rebhühner, Fasane, Wildenten, Tauben und die nach heutigem Geschmack seltsam anmutenden Reiher, Kraniche und Schwäne. Man muss allerdings dazu sagen, dass die großen Wildvögel wie Reiher, Kranich und Schwan selbst an königlichen Tafeln nur äußerst selten gegessen wurden. Weiterhin aß man Kleinvögel wie Kiebitz, Drossel oder Sperling.

Der Wildanteil bildete allerdings nur einen geringen Anteil am Fleischkonsum der Adeligen. Der Großteil des Fleisches stammte von Haustieren wie etwa Kalb, Rind und Schwein, seltener von Schafen oder Ziegen. Beim Geflügel wurde Huhn, Kapaun, Ente und Gans gegessen. Als besonders exotisches Gericht galten Pfauen, die extra in kleinen Gehegen gehalten wurden.

Der Fleischkonsum der Bauern war, wie schon erwähnt, erheblich geringer. Wenn es Fleisch gab, war es meistens Schweine-, Schaf- oder Ziegenfleisch, von denen auch Innereien wie Lungen und Nieren gegessen wurden. Seltener waren Hühner, Enten und Gänse.

Fischer um 1460

Milch und Milchprodukte wurden sowohl bei den Bauern wie auch bei den Herren gegessen, Gleiches galt für Fisch. Die Bauern hatten allerdings eher Zugang zu den einheimischen Fischen wie Neunauge, Hausen (eine Störart), Äschen oder Forellen, während typische Herrenspeisen Fischgerichte aus Lachs, Hecht, Barsch oder Aal waren. Aber in der Umgebung von Flüssen mit ausgedehnten Auen wie zum Beispiel dem Rhein, waren Aale in so großer Zahl vorhanden, dass sie dort ebenfalls zur Bauernspeise zählten. Fische wurden auch häufig über den Fernhandel vertrieben und kamen eingesalzen auf den Markt, so etwa Hering und Kabeljau.

Apfelernte im 15. Jahrhundert

Zu den einheimischen Früchten wie Äpfel, Kirschen, Pflaumen, Birnen, Erdbeeren, Blaubeeren und Stachelbeeren hatten ebenfalls sowohl Bauern wie Herren reichlich Zugang. Allerdings gab es bei den Höhergestellten noch zusätzlich Weintrauben, getrocknete Weinbeeren und importierte Früchte, so zum Beispiel Feigen, Datteln, Mandeln, Pomeranzen und Limonen. Besonders die Mandeln waren wichtig, da man aus ihnen Mandelmilch zubereitete, die in Fastenzeiten als Milchersatz diente und zusätzlich Gerichte verfeinerte.

Ein ebenfalls wichtiger Punkt war das Würzen. In der Hauptsache wurden einheimische Kräuter wie Petersilie, Minze, Salbei, Dill, Kümmel und Schalotten, die ihren Namen der israelischen Stadt Askalon verdankten, genommen. Bei den Höhergestellten spielten zudem Importgewürze eine besondere Rolle. Pfeffer, Zimt, Ingwer, Muskat und Safran, das sowohl zum Würzen wie zum Färben der Speisen benutzt wurde, mussten zum Teil über weite Strecken herangeschafft werden und waren dementsprechend teuer. Gewürze waren Luxusgüter und nur den wirklich Reichen zugänglich. Trotzdem war das mittelalterliche Essen nach unserem heutigen Geschmack sehr scharf gewürzt. Die folgenden Punkte mögen dafür als Gründe gedient haben. Die naheliegendste Erklärung könnte sein, dass die Menschen im Mittelalter scharf gewürztes Essen liebten, wie es etwa heute noch in Indien üblich ist. Weiterhin trifft man immer wieder auf die Behauptung, im Mittelalter wäre der Geruch und Geschmack von verdorbenem Fleisch mit Hilfe von Gewürzen überdeckt worden. Trude Ehlert verneint dies und ich würde mich hier ihrer Meinung anschließen. Auch im Mittelalter war man sich der Gefährlichkeit von verdorbenem Fleisch durchaus bewusst. Ein weiterer erwähnenswerter Punkt ist, dass die scharfen Gewürze den Salzgeschmack überdecken sollten. Fleisch war oft eingesalzen, um es so über längere Zeit haltbar zu machen. Weiterhin galt die Anwendung von vielen teuren Gewürzen als Demonstration des eigenen Reichtums. Zudem war man von der Heilkraft von Gewürzen überzeugt. Ebenfalls möglich ist es, dass viele Gewürze während ihres langen Transports ihren Geschmack und ihre Wirkung zum Teil verloren hatten und deshalb ohne Bedenken auch in größeren Mengen benutzt werden konnten.

Zu den einheimischen und den Importgewürzen gab es auch noch mediterrane Gewürze wie etwa Majoran, Rosmarin, Thymian und Basilikum, das seinen Namen angeblich Alexander dem Großen verdankt. Basileus heißt auf Griechisch König. Diese mediterranen Gewürze wurden allerdings erst ab dem 15. und 16. Jahrhundert häufiger verwendet.

Gesüßt wurden die Speisen bis weit ins Spätmittelalter hinein mit Honig. Rohrzucker war zwar seit dem 8. Jahrhundert in Süditalien bekannt, die Kenntnisse über die Rohrzuckergewinnung verbreiteten sich in Europa allerdings erst seit der Zeit der Kreuzzüge. Seit dieser Zeit wurde Zucker in immer größeren Mengen importiert, gehörte aber trotzdem zu den Luxusgütern. Zum Vergleich, rund 11 Pfund Zucker entsprachen etwa dem Wert eines Pferdes. Der heutige Preis liegt bei etwa 80 Pfennig. Erst im Jahre 1747 wurde durch Andreas Sigismund Markgraf entdeckt, dass man Zucker aus der Runkelrübe gewinnen konnte. Allerdings wurde erst im 19. Jahrhundert eine industrielle Rübenzuckergewinnung betrieben. Importe aus den Kolonien taten ein Übriges, so dass der Zuckerpreis rapide sank.

Weinkelterung um 1440

Auch bei den Getränken kann man Unterschiede zwischen Herren und Bauern feststellen. Die Höhergestellten tranken neben Wasser vor allem Wein, entweder pur oder gewürzt. Das Würzen wurde deshalb nötig, da viele einheimische Weine sehr sauer waren. Ein besonders hohes Ansehen besaßen schwere Südweine, vor allem der Zypernwein. Dazu wurde noch weiterhin noch bis ins 12./13. Jahrhundert Met getrunken. Bier hingegen verschmähten die meisten Höhergestellten, da es als unhöfisches Getränk galt. Erst im 15. Jahrhundert verdrängt es den bis dahin dominierenden Wein. Die Bauern tranken Wasser, Obstsäfte, Obstweine, seit dem 13. Jahrhundert ebenfalls Met und vor allem Bier. Bier war über das ganze Mittelalter hinweg in vielen Gegenden das wichtigste Volksgetränk. Vor allem in Gegenden, in denen das natürlich vorkommende Wasser von schlechter oder ungenießbarer Qualität war, wurde Dünnbier in großen Mengen hergestellt und auch getrunken. Gebraut wurde es aus zahlreichen verschiedenen Getreidesorten und mit diversen Geschmacksstoffen versetzt, so dass es eine Vielzahl von verschiedenen Biersorten gab. Verbessert wurde das Bier dadurch, dass man es mit der Einführung einer Reihe von Bierwürzen, insbesondere Hopfen, haltbarer machte. Klöster waren bei dieser Entwicklung häufig führend beteiligt und unterhielten oft selbst große Brauereien. Besonders die Bayern und vor allem die dort gelegenen Klöster waren eifrige Bierbrauer. Das älteste Braurecht in Deutschland wurde 1143 dem bei Freising gelegenen Kloster Weihenstephan verliehen. Dort befindet sich heute noch eine Schule für Brauwesen. Es überrascht daher auch nicht, dass das berühmte Reinheitsgebot im Jahre 1516 vom bayrischen Landtag erlassen wurde.

Im Laufe des Hoch- und Spätmittelalters manifestierte sich der soziale Stand nicht nur an der Besonderheit der Speisen, sondern auch immer öfter an der Menge und der damit verbundenen Anzahl der Gänge. Die Mengen erscheinen uns heute fast unglaublich. So wurden bei einem Bankett im Jahre 1299 in Goerz-Tirol die folgenden Nahrungsmengen aufgetischt und auch vertilgt: 2 Zentner Pfeffer, 15 Zentner Reis, 10 Zentner Mandeln, 3000 Datteln, 17 Zentner Feigen, 55560 Brote, 8960 Eier, 29995 Käse, 35 Schüsseln Fett, 357 Schweineschultern, 242 Lämmer, 185 Hühner und mehr als 19 Fuder Wein (ca. 19000 Liter).

Auch die Anzahl der Gänge nahm immer mehr zu. In Italien war es im 13. Jahrhundert bei großen Festen durchaus üblich, bis zu 40 (!) Gänge aufzufahren. Ein weiteres Beispiel ist Graf Joachim von Öttingen, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts beim Mittagessen 9 Gänge mit unterschiedlichen Gerichten für sich auftischen ließ. Man muss dabei allerdings erwähnen, dass weniger die Menge entscheidend war, sondern vielmehr die große Vielfalt von Gerichten. Es wurde auch versucht, diese Schlemmerei einzudämmen. So erließ zum Beispiel König Philipp III. von Frankreich 1279 ein Gesetz, dass niemand zum Essen mehr als drei Gänge ausgeben dürfe. Damals bedeutete ein Gang allerdings nicht ein Gericht mit Beilagen, sondern ein Gang des Küchenpersonals zur Küche. So konnten bei jedem Gang zwischen zwei und zehn Gerichte aufgetragen werden. Unterstützt wurde diese Schlemmerei noch durch Schaugerichte, die oft den Höhepunkt fürstlicher Festessen bildeten. So wurden feuerspeiende Wildschweinköpfe oder ganze Lämmer mit Wolle aus Butter serviert.

Trotzdem darf man sich angesichts solcher Schlemmereien nicht der falschen Vorstellung hingeben, dass Mittelalter hätte keine Versorgungsprobleme gehabt. Es gab immer wieder verheerende Hungersnöte. Allein zwischen den Jahren 750 und 1100 gab es 29 große Hungersnöte. Erschwerend kommt hinzu, dass damals die Möglichkeiten fehlten, Missernten durch die möglicherweise vorhandenen Überschüsse aus anderen Gegenden zu kompensieren, da die dazu nötigen Verkehrswege fast immer fehlten. Eine einzige Missernte, bedingt etwa durch einen Hagelschauer, sorgte fast automatisch für eine Verteuerung des Saatgetreides. Dies hatte zur Folge, dass weniger ausgesät werden konnte und wieder eine Missernte entstand. Erschwerend kommt hinzu, dass das Verhältnis zwischen Aussaat und Ernteertrag im Mittelalter nur 1:3 betrug, während es heute bei 1:28 liegt. Bei solchen Hungersnöten konnte es vorkommen, dass das Brot mit Kalk oder Lehm gestreckt wurde und dass man Gras und Wurzeln aß. Abgesehen von den immer wieder auftretenden Hungersnöten war die Ernährung des Mittelalters stark saisonabhängig, ganz im Gegenteil zu unserer heutigen Zeit.

Die beste Schlachtzeit für Rinder, Schweine und Schafe lag in den Monaten Oktober und November. Dieser spät im Jahr gelegene Schlachttermin brachte zwei Vorteile mit sich, zum einen mussten die Tiere nicht über den Winter gefüttert werden, zum anderen bot die kalte Jahreszeit die besseren Möglichkeiten für die Verarbeitung und Konservierung des Fleisches. Aus diesem Grund begann das mittelalterliche Wirtschaftsjahr am Tag des Heiligen Martin, dem 11. November. An diesem Tag wurden die Naturalabgaben der abhängigen Bauern an ihren Grundherren bezahlt. Die Naturalabgaben konnten lebendige Tiere, aber auch Schlachtfleisch und Geflügel sein. Das heute noch bekannte Martinsgansessen hat hier seine Wurzeln.

Das Mittelalter kannte drei Hauptkonservierungsmethoden, Trocknen, Räuchern und Einsalzen. Getrocknet wurden hauptsächlich mageres Fleisch, Fisch, Erbsen, Linsen, Apfel, Birnen, Weinbeeren und Kirschen. Fettes Fleisch, Würste und Fisch wurden geräuchert, während Seefisch, dicke Bohnen und manchmal Fleisch und Erbsen eingesalzen wurden. Weiterhin wurde Kohl oft eingesäuert, um so Sauerkraut zu erhalten und Früchte eingekocht. Manchmal wurde Fleisch und Fisch auch in Essig oder Wein gebeizt. Trotz all dieser Methoden waren die Möglichkeiten, Lebensmittel über längere Zeit haltbar zu machen, sehr begrenzt.

Ein weiterer Aspekt hatte ebenfalls großen Einfluss auf die Ernährungsgewohnheiten im Mittelalter, die zahlreichen Fastentage. Die Fastengebote wurden rigoros durchgeführt und konnten bei Nichtbefolgung sogar drastische Strafen nach sich ziehen, die auch von der weltlichen Obrigkeit verhängt werden konnten.

Grundsätzlich waren jeder Freitag und Samstag fleischlose Tage, in einigen Regionen auch der Mittwoch. Das gleiche galt für die 40 Tage vor Ostern, die drei Bettage vor Christi Himmelfahrt und die Vorabende der wichtigsten Heiligenfeste. Dies bedeutete für den mittelalterlichen Menschen zwischen 210 und 220 Fleischtage und damit dann ungefähr 150 (!) fleischlose Tage. Erlaubt waren während der Fastentage lediglich Gemüse und Fisch. In der Hauptsache wurde konservierter Fisch, wie etwa Stockfisch oder Salzhering, gegessen. In einigen Regionen war nach besonders strengen Regeln auch der Verzehr von Eiern, Milch und Milchprodukten verboten. Als Fastenspeise gehobener Art galten Mandeln und Feigen.

Zu diesen Fastengeboten, die jeden Einzelnen betrafen, gab es auch religiöse Fastengebote, die für ganze Gruppen galten. Den Mönchen, die nach der Benediktinerregel lebten, war es verboten, das Fleisch von vierfüßigen Tieren zu essen. Trotzdem gelang es den Mönchen immer wieder, die rigorosen Fastengebote zu umgeben. So erklärten sie den Biber aufgrund seines platten Schwanzes kurzerhand zu den Fischen gehörig, um ihn so auch während der Fastenzeit essen zu können. Dies hatte solche Folgen, dass der Biber in vielen Gegenden unter anderem aus diesem Grund fast ausgerottet wurde.

Eine besondere Form der Ernährung lässt sich in den mittelalterlichen Städten feststellen. Anders als die Landbevölkerung, die auf die Feldprodukte angewiesen war, konnten die Städter die Vorteile des Marktes nutzen. Der Nachteil war, dass die Städte mit ihren für das Mittelalter großen Menschenmengen nur schwer zu versorgen waren. Daher war es ein ständiges Bemühen der städtischen Autoritäten, ihre Städte mit genügend Nahrungsmitteln zu versorgen, ein Vorhaben, dem nicht immer Erfolg beschienen war. Lagen die Städte an den großen Verkehrsadern des Mittelalters, so etwa Köln am Rhein oder Dortmund am Hellweg, konnte die Versorgung einigermaßen gesichert werden. Lagen die Städte allerdings im Binnenland und abseits der Verkehrsadern, konnten in Krisenzeiten gefährliche Engpässe auftreten, zumal die meisten Städte keine oder kaum Eigenproduktionen besaßen. Die wohlhabenden Stadtbewohner aßen genau wie der Adel mit Vorliebe das aus Weizenmehl hergestellte Weißbrot, während die ärmeren Schichten genau wie die Landbevölkerung auf Schwarzbrot aus minderen Getreidesorten und einfache Breie zurückgreifen mussten.

Die Stadtbewohner hatten einen höheren und abwechslungsreicheren Fleischkonsum als die Landbevölkerung. Dies führte auch dazu, dass der Konsum von höherwertigen Nahrungsmitteln als soziales Differenzierungsmittel genutzt wurde. Insgesamt verbrauchten die Städte weniger Schweinefleisch, sondern vielmehr Schaf, Rind, Kalb und Geflügel. Ein Grund dafür mag darin liegen, dass zumindest Rind- und Kalbfleisch länger haltbar ist als Schweinefleisch und das Geflügel einfacher zu halten ist als Schweine.

In jedem Fall hatte Fleisch einen hohen Rang bei der städtischen Ernährung der Oberschicht, während die Ernährung der unteren Schichten genau wie auf dem Land eher von pflanzlicher Nahrung bestimmt war.

Im Spätmittelalter lassen sich noch einige Veränderungen zum vorangegangenen Hochmittelalter feststellen. Eine erfreuliche Tatsache ist, dass es seit dem späten 13. Jahrhundert eine größere Anzahl von Quellen über die Ernährung gibt. Es finden sich immer häufiger beispielsweise Proviantabrechnungen, Vorratserhebungen oder die Gesamtverbrauchszahlen von Städten. Eine weiterhin interessante Entwicklung ist das Aufkommen der ersten mittelalterlichen Kochbücher. Diese haben mit den Kochbüchern der Antike nicht mehr gemeinsam und stellen vielmehr ausschließlich die mittelalterliche Küche dar. Das älteste bislang bekannte deutsche Kochbuch ist das “”Bouch von gouter spise” aus dem 14. Jahrhundert. Die meisten der bekannten Kochbücher stammen allerdings aus dem 15. Jahrhundert und sind fast alle anonym erschienen. Speziell von Frauen geschriebene Kochbücher gibt es erst seit dem 16. Jahrhundert, zum Teil bereits gedruckt.

Trotz dieser erfreulichen Quellenlage stammen die Kochbücher ausschließlich aus fürstlichen Häusern, von Patriziern oder aus Klöstern und damit alle aus der Oberschicht. Die bäuerliche Küche ist dagegen kaum bekannt und kann nach wie vor fast nur aus archäologischen Funden geschlossen werden.

Ansonsten waren die Veränderungen im Spätmittelalter eher gering. Noch immer war Getreide der wichtigste Kalorienlieferant. Allerdings bildeten sich immer mehr regionale Unterschiede in der Ernährung heraus. Süd-, West- und Teile Mitteleuropas konsumierten überwiegend Weizen und Dinkel, während die Menschen in Nord- und Osteuropa Roggen bevorzugten, möglicherweise aufgrund seiner guten Anpassungsfähigkeiten an karge Böden und das dort vorherrschende raue Klima. Die bis dahin auch benutzte Getreidesorten Hafer, Gerste und Hirse verloren im 14. und 15. Jahrhundert ihre Bedeutung für die menschliche Ernährung und wurden nur noch in Notjahren verzehrt.

In Mitteleuropa wurde allmählich Rind- und Schweinefleisch Schaf und Hammel vorgezogen, die dafür verstärkt in Süd- und Südosteuropa konsumiert wurden. Weiterhin verbreiteten sich tierische Nahrungsmittel auch verstärkt in Regionen intensiver Grünlandwirtschaft, so etwa in den Alpen oder der Mittelgebirgen.

Seit dem 13. Jahrhundert entstanden auch immer mehr marktorientierte Weinanbaugebiete. Erst im 15. Jahrhundert liefen Qualitätsbiere dem bis dahin beherrschenden Wein den Rang ab.

Zu Beginn des Spätmittelalters verbesserte sich die Ernährungssituation, ausgelöst durch einen rapiden Bevölkerungsrückgang. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erfasste eine große Pestwelle weite Teile Europas mit dem Resultat, dass zwischen 1/3 und 1/4 der europäischen Bevölkerung starb. Dadurch veränderte sich die Boden-Mensch-Relation und die Ernährungslage des Einzelnen verbesserte sich. Außerdem kam es zu einer verstärkten Hinwendung zu höherwertigen Lebensmitteln. Es wurde feineres Brot, mehr Fleisch und vermehrt tierische Produkte gegessen. Außerdem wurden Wein und Bier regelmäßiger konsumiert. Dies war möglicherweise ein Resultat des gesteigerten Lebenswillen der Überlebenden der Pestwelle.

Trotzdem entstanden hier keine Vor- oder Frühformen unserer heutigen Überflussgesellschaft. Der Gegensatz zwischen Stadt und Land bestand weiter und vertiefte sich in der Folgezeit immer weiter. Eßgewohnheiten und Verbrauchsmengen

Genau wie heute waren auch im Mittelalter die Eßgewohnheiten nach Gegend und Stand verschieden. Trotzdem lassen sich einige Gemeinsamkeiten feststellen.

Seit dem 12. Jahrhundert war es bei den Höhergestellten üblich, drei bis vier Mahlzeiten pro Tag einzunehmen. Das Frühstück bestand, ganz im Gegensatz zu heute, lediglich aus einem Becher Wein. Richtig gegessen wurde erst um 9 Uhr beim Frühmahl, das meist aus mehreren Gängen bestand und mit unserem heutigen Mittagessen vergleichbar ist. Zur Mittagszeit wurde wieder Wein gereicht, in den man einige Brocken Brot tunkte. Das Abendessen nahm man zwischen drei und sechs Uhr ein und war die Hauptmahlzeit, bei der auch wieder mehrere Gänge serviert wurden, die bis zum Dessert und Schlaftrunk reichten. Eine festgelegte Speisenfolge wie heute gab es nicht, lediglich Süßes und Süßspeisen wurden immer am Ende der Mahlzeit gereicht.

Die Verbrauchsmengen der mittelalterlichen Ernährung erscheinen heute teilweise unglaublich. Trotzdem lassen sie sich anhand archäologischer Funde und zeitgenössischer Quellen belegen.

Im Spätmittelalter waren, wie schon erwähnt, aufgrund der gesunkenen Bevölkerungszahlen anteilsmäßig mehr Nahrungsmittel pro Kopf vorhanden als noch im Hochmittelalter. Der Getreideverbrauch lag nach neueren Schätzungen bei etwa 200 Kg pro Kopf und Jahr. Beim Fleischverbrauch lässt sich interessanterweise ein Nord-Süd-Gefälle feststellen. Während nördlich der Alpen im Durchschnitt 50 Kg Fleisch pro Kopf verbraucht wurden, waren es im südfranzösischen Languedoc nur 40 Kg und im italienischen Florenz sogar nur 30 Kg. Erstaunlich erscheint uns heute der durchschnittliche Alkoholverbrauch, der auf ungefähr zwei Liter Wein oder Bier pro Tag geschätzt wurde. Für den Mittelmeerraum hat man sogar ausgerechnet, dass dort der jährliche Weinverbrauch bei über 400 Liter gelegen hat. Allerdings muss man bei diesen Zahlen mit einberechnen, dass die alkoholischen Getränke, allen voran die Hauptgetränke Wein und Bier, erheblich alkoholärmer waren als heute.

Trotz all dieser beeindruckenden Zahlen ist es wichtig zu erwähnen, dass sie nur Durchschnittswerte sind. Es gab, je nach Region und Bevölkerungsschicht, Abweichungen nach oben und nach unten. Die europäische Ernährung war sehr krisenanfällig, eine Tatsache, die die zahlreichen Hungersnöte beweisen. Geschirr und Besteck

Die mittelalterlichen Tische dürfen wir uns im Bezug auf Besteck und Geschirr weder überladen noch üppig dekoriert vorstellen, auch wenn zahlreiche mittelalterliche Filme diesen Eindruck suggerieren.

Ganz einfach sah es in dieser Beziehung bei den Bauern aus. Zum Essen benutzte die bäuerliche Familie eine gemeinsame Holzschüssel. Als Besteck dienten Holzlöffel, von denen es manchmal nur einen für die ganze Familie gab. Messer waren nicht nötig, da fleischliche Kost selten war.

Etwas besser sah dies bei den Höhergestellten aus. Der Tisch war meist mit einem Tischtuch gedeckt, auf dem sich dann Trinkgefäße, Salzfass, Messer und Löffel befanden. Die Gerichte wurden in großen Vorlegeschalen oder -platten auf den Tisch gestellt und waren für zwei Esser gedacht. Als Teller diente entweder ein Holzbrett oder häufiger eine Scheibe Brot, die man nach der Mahlzeit entweder selber aß, sie an die Hunde verfütterte oder den Armen spendete. Individuelle Teller aus Holz, Keramik, Ton, Zinn, Silber oder auch Gold kamen erst in der frühen Neuzeit auf. Oft gab es auch gar keine individuellen Brotscheiben oder Holzplatten, sondern man teilte sich mit seinem Nachbarn eine große Schüssel. Vielfach war es auch üblich, dass der Mann sein Messer zum Essen mitbrachte. Nach dem Essen wurde das Messer dann einfach entweder mit der Hand, dem Tischtuch oder mit einem Stück Brot abgewischt. Die Löffel waren zunächst aus Holz oder Horn gefertigt, später dann mit einem Metallgriff versehen oder ganz aus Metall hergestellt, so zum Beispiel aus Zinn, Bronze oder Silber. Der Gabel stand das Mittelalter sehr misstrauisch gegenüber. Im Jahre 1023 wurde die Gabel von den Mönchen des italienischen Klosters Montecassino sogar als Teufelszeug bezeichnet. Möglicherweise erinnerte die damals dreizackige Gabel an den Dreizack des Teufels. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Gabel wegen ihrer byzantinischen Herkunft abgelehnt wurde. Nach der Kirchenspaltung im Jahre 1054 in ein lateinisches und ein orthodoxes Christentum galt alles byzantinisch-griechisches als suspekt. Die Trinkgefäße waren nur selten aus Glas, sondern in der Regel aus Holz, Keramik oder Metall. Reich verzierte Glasbecher gab es nur in reichen Häusern. Oft konnte es auch hier vorkommen, dass auf der Tafel nicht ausreichend Becher zur Verfügung standen. Dann musste man sein Trinkgefäß ebenfalls mit dem Nachbarn teilen.

Trotz dieser spartanisch wirkenden Tafelausstattung gibt es aus dem Mittelalter auch Quellen, die über prunkvolle und kostbare Tafelgeschirre berichten. König Ottokar II. von Böhmen soll beispielsweise Tafelgeschirr aus reinem Gold und Silber besessen haben. Gleiches erzählen die Quellen von Kaiser Heinrich VI. Es haben sich auch Listen erhalten, in denen das gesamte Tafelgeschirr einzelner Adeliger aufgeführt worden ist. Die Liste, die nach dem Tod Herzogs Otto von Kärnten im Jahr 1310 angefertigt wurde, erwähnt unter anderem Trinkgefäße mit vergoldeten Füßen und Deckeln, silberne Schalen, silberne Krüge und Trinkgefäße aus Bergkristall mit vergoldeten Ringen.

Trotz dieses Reichtums sind die geschilderten kostbaren Tafelgeschirre vermutlich eher die Ausnahme gewesen.

Die “”Küche” der Bauern, wenn man diese überhaupt als solche bezeichnen kann, bestand in der Hauptsache aus einer einfachen offenen Feuerstelle, über der an einem eisernen Haken ein Topf hing. Die Küche der Höhergestellten unterschied sich davon wesentlich. Es gab zum Teil riesige Küchenanlagen mit bis zu sieben Herdstellen und einem Koch als Oberaufseher. Diese Küchen waren meist in eigenen Gebäuden abseits der eigentlichen Wohngebäude untergebracht, um die ständig drohende Feuergefahr abzuwenden. Über dem Feuer gab es eine verstellbare Aufhängung für eiserne Töpfe und Halterungen für einen drehbaren Bratspieß. Auch sonst bestand ein großer Teil der Küchenausrüstung aus Eisen. Die Töpfe liefen nach unten spitz zu oder hatten kleine Füße, damit man sie in die Feuerglut stellen konnte. Wurde nicht mit ihnen gekocht oder wollte man sie abstellen, konnte man sie auf einem eisernen Dreibein mit einem speziell dafür gefertigten Loch abstellen. Neben den eisernen Geräten gab es noch große tönerne Schalen, die unter das bratende Fleisch gestellt wurden, um das Fett aufzufangen. Das Feuer wurde, wenn es nicht benötigt wurde, oft mit einem eisernen Gitter, dem sogenannten “”Kattekorb“, abgedeckt, damit die durch die Küche laufenden Tiere, in der Hauptsache Katzen und Hunde, sich nicht an dem Feuer in Brand setzten und dann in Panik das ganze Gebäude entzündeten.

Neben den vielen Küchengeräten gab es auch eine große Anzahl von Tätigkeiten, die zur Zubereitung der Nahrungsmittel nötig waren. Einige Nahrungsmittel wurden zerschnitten, Gewürze, Mandeln, Hühner und Krebsfleisch im Mörser zerstoßen oder durch Siebe und Tücher geseiht. Backwerk wurde mit frischem Obst gefüllt, Erdbeeren in kaltem Wasser gekühlt und Fleisch mit Zimtrinde oder Mandelkernen gespickt. Die Gewürze wurden nicht einfach über die Gerichte gestreut, sondern in Flüssigkeiten oder Sauce aufgelöst und dann erst dem Gericht beigegeben. Abgeschmeckt wurden die Gerichte auf unterschiedliche Weise, etwa mit gewürztem Essig, Honig, Öl oder Zimt.

Auch das Färben der Speisen war beliebt. Viele Gerichte wurden zum Beispiel mit Safran goldgelb gefärbt. Man benutzte Petersilie, um eine grüne Farbe, und Traubensaft, um rote Färbungen zu erhalten. Auch künstliche Farbstoffe wurden verwendet. So benutzte man den roten Saft des Sandelholzes, um Milchreis rot zu färben. Das Gericht erhielt dann den furchteinflößenden Namen “Drachenblut“. Dem Erfindungsreichtum der damaligen Küchenmeister waren also keine Grenzen gesetzt. Protokoll der höfischen Mahlzeiten und Tischzuchten

Prunkvolle Tafel um 1460

Die höfischen Feste unterlagen einem strengen Protokoll, das sowohl auf das Aufstellen der Tische, als auch auf das Plazieren der Gäste Einfluss nahm. Die mit Tüchern gedeckten Tische wurden meist in U-Form aufgestellt, wobei man an der Außenseite saß. Dies erleichterte einerseits die Bedienung der Gäste und bot andererseits Platz für unterhaltsame Darbietungen während des Essens. Die mittlere Tafel blieb dem Hausherren und seinen Ehrengästen vorbehalten. Je näher man am Hausherren saß, umso höher stand man in seinem Ansehen. Die Tische selbst bestanden häufig aus einfachen Holzböcken, auf die man eine große Holztafel legte, die nach dem Essen hinausgetragen wurde.

Auch das Verhalten während der Mahlzeit war wichtig. Der englische Franziskanermönch Bartholomaeus Anglicus hat sich in seinem Werk “Über die Beschaffenheit der Dinge” ausführlich damit befasst. Von großer Wichtigkeit war für ihn beispielsweise die “passenden Räumlichkeiten“, das “würdige Benehmen der Diener“, aber auch das Verhalten des Gastgebers, der die Gäste mit “der Heiterkeit seines Gesichtes” erfreuen sollte.

Über das Benehmen bei Tisch wurde zunächst nicht weiter nachgedacht. Erst als sich die verfeinerten französischen Tischsitten auch in Deutschland immer weiter verbreiteten, wurde verstärkt auf das richtige Benehmen bei Tisch geachtet. Urheber der höfischen Tischzuchten waren häufig Hofkleriker. Einer der ersten war der Spanier Petrus Alfonsi, der zu Beginn des 12. Jahrhunderts Vorschriften zum Benehmen bei Tisch zusammenstellte. In seiner Schrift “Disciplina clericalis” heißt es: “Iß nicht das Brot, bevor der erste Gang auf den Tisch kommt, sonst wird man dich für unbeherrscht halten. Stecke nicht ein so großes Stück in deinen Mund, dass die Krumen links und rechts herausfallen, sonst wirst du als Fresser angesehen. Schlucke das, was du im Mund hast, nicht eher hinunter, bis es gut gekaut ist, damit du dich nicht verschluckst. Trinke erst, wenn dein Mund leer ist, sonst hält man dich für einen Säufer. Sprich nicht, solange du etwas im Mund hast.”

Ob diese gutgemeinten Ratschläge allerdings wirklich befolgt wurden, bleibt fraglich. Zudem stellten mache der Vorschriften für die höfischen Tischzuchten die adeligen Zuhörer vor einige Schwierigkeiten. Eine deutsche Hofzucht aus dem 13. Jahrhundert verlangte beispielsweise, dass abgebissene Knochen nicht zurück in die Schüssel gelegt werden sollten. Außerdem sollte man nicht mit den Fingern in den Senf oder die Sauce greifen. Was man allerdings mit den abgebissenen Knochen machen sollte, wenn man keinen eigenen Teller hatte und wie man Senf oder Sauce bekam, wenn die Löffel nicht ausreichten, darüber findet sich nichts in der Tischzucht. Weiterhin galt es als unfein, sich ins Tischtuch zu schnäuzen, in heiße Getränke zu blasen und sich mit der bloßen Hand zu kratzen. Einige Tischzuchten verboten es weiterhin, sich den Mund am Tischtuch abzuwischen. Dem Esser blieb also nur der eigene Ärmel oder die Hand. Genau dies verboten allerdings wiederum andere Tischzuchten. In einer Zeit, in der es nur selten Servierten gab, konnte er so in echte Schwierigkeiten kommen.

Insgesamt lassen sich die meisten Tischzuchten als Hygienevorschriften verstehen. Man riet den Höhergestellten, sich mit frischer gewaschener Kleidung zum Essen zu begeben, um kein Ungeziefer an die Tafel zu tragen. Auch die Regelung, sich nicht in die Finger zu schnäuzen, macht Sinn, wenn man bedenkt, dass fast ausschließlich mit den Händen gegessen wurde. So bekommt auch die Regel, nicht mit fettigem Mund zu trinken, einen nachvollziehbaren Sinn, wenn man bedenkt, dass sich meistens zwei Personen einen Becher teilten.

Die Tischzuchten legten nicht nur dar, wie man sich beim eigentlichen Essen verhalten sollte, sondern gaben auch Hinweise auf den Umgang mit den anderen Essern, insbesondere mit den Damen. So wurde von den Männern erwartet, den neben ihnen sitzenden Damen das auf den Servierplatten gebrachte Fleisch zu schneiden und zu überreichen, da man davon ausging, dass die Frauen die Kunst des Tranchierens nicht beherrschten. Dieser Brauch, dass der Mann den Festbraten anschneidet und verteilt, hat sich teilweise bis heute erhalten. Weiterhin wurde von den Herren erwartet, nicht zu eng an die Damen heranzurücken und alles Derbe und Unziemliche in ihrer Gegenwart zu unterlassen. Literaturverzeichnis

Bautier, Robert-Henri u.a.(Hrsg.): Lexikon des Mittelalters Bd. 3 München, Zürich 1986 Behre, Karl-Ernst: Die Ernährung im Mittelmeer, in: Bernd Herrmann (Hrsg.): Mensch und Umwelt im Mittelalter Frankfurt/Main 1993 Borst, Arno: Lebensformen im Mittelalter 14. Auflage, Frankfurt/Main 1995 Bumke, Joachim: Höfische Kultur München 1986 Ehlert, Trude: Das Kochbuch des Mittelalters München 1993 Fahrenkamp, H. Jürgen: Wie man eyn teutsches Mannsbild bey Kräfften hält Hannover 1986 Redon, Odile u.a.: Die Kochkunst des Mittelalters Frankfurt/Main 1993 Seibt, Ferdinand: Glanz und Elend des Mittelalters Berlin 1987 Van Winter, Johanna Maria: Kochen und Essen im Mittelalter, in: Bernd Herrmann (Hrsg.): Mensch und Umwelt im Mittelalter Frankfurt/Main 1993

TISCHSITTEN

I. Lerne diese Regeln II. Schneide und reinige Dir die Nägel; der Schmutz ist beim Kratzen gefährlich III. Wasch Dir die Hände nach dem Aufstehen und vor jeder Mahlzeit. IV. Greif nicht als Erster auf die Schüssel. V. Was Du im Munde gehabt hast, leg nicht aufs Geschirr zurück. VI. Biete nicht jemandem von dem Stück an, von dem Du abgebissen hast VII. Kaue nicht etwas, das du wieder ausspucken musst. VIII. Tunk nicht dein Essen ins Salzfass. IX. Sei bei Tisch friedlich, höflich und nicht zu laut. X. Hast Du Brot ins Weinglas gebrockt, trink alles aus oder gieß es weg. XI. Stopf nicht zu viel in dich, sonst bist du gezwungen, dich schlecht aufzuführen. XII. Bei Tisch nicht kratzen, auch nicht mit dem Tischtuch.

Anmerkung der Redaktion: Vor dem Stuhlgang, nach dem Essen: Händewaschen nicht vergessen!

Allerlei blödes Geschwätz…

… falls euch mal die dummen Sprüche ausgehen – was wirklich das erste mal wäre

Fresssprüche

Austern, Braten und Kapaune, machen einen dicken Bauch. Glaubt es mir ihr Kameraden, dieses Essen schmeckt euch auch.

Bescheidenheit, Bescheidenheit, verlaß mich nicht bei Tische, und gib, daß ich zur rechten Zeit, das größte Stück erwische.

Das Messer blitzt, die Schweine schrein, man muß es halt benutzen. Denn jeder denkt: Wozu das Schwein, wenn wir es nicht verputzen.

Der Esel pupt, die Katze schreit, es lebe die Gefräßigkeit.

Der Magen einer Sau, das Herz einer Frau, der Inhalt einer Leberwurst: die bleiben immer unerforscht.

Der Mond scheint hell, die Füße dampfen, das ist die rechte Zeit zum Mampfen.

Hast du Hunger, knurrt der Magen, jedes Mahl wird dir behagen. Bist du satt, stellt sich leicht ein übler Nörgler Lästerein.

So steckt eure Löffel zusammen und schwört in drei Teufels Namen, daß der, der schlecht und recht erwischt, nicht auf den andern neidisch ist.

Und wenn sich Tisch und Balken biegen, wir werden den Fraß schon runterkriegen.

Wo Landsknechte sieden und braten, wo Pfaffen zu Weltlichem raten, wo Weiber führen das Regiment, da nimmt es selten ein gutes End.

Saufsprüche

Alter Wein und junge Weiber sind die besten Zeitvertreiber.

Auf das Wohl der Feinde Deiner Feinde!

Der größte Feind des Menschen wohl, das ist und bleibt der Alkohol. Doch in der Biebel steht geschrieben: “Du sollst auch deine Feinde lieben!”

Das Wasser gibt dem Ochsen Kraft, den Menschen stärkt der Gerstensaft. Drum danke Gott, du lieber Christ, daß du nicht so ein Rindvieh bist.

Trink solang der Becher winkt. Nutze deine Tage. Ob dir’s im Jenseits auch noch schmeckt, das ist die große Frage.

Wasser macht weise, lustig der Wein. Drum trinken wir beides, um beides zu sein.

Nur wer gut gegessen und getrunken hat, kann Hunger und Durst erleiden und alle Strapazen entbehren

Autor: Esther Mohr