Matern Hatten. Ein Intellektuellenleben zwischen Humanismus und Reformation am Oberrhein

Sven Gütermann

In den Jahren und Jahrzehnten nach dem Beginn der Reformation verlangte die Hinwendung zum neuen Glauben so manches Opfer. Vor allem jene, die von der Kanzel predigten, waren oft genug gezwungen, umherzuziehen. Alleine der Rechtsgrundsatz “cuius regio, eius religio”, “wes Land, des Glauben” brachte Unruhe in so manche Vita, wobei die erzwungene Mobilität es mit sich bringen musste, dass eben auch neue Ideen, und nicht zuletzt humanistisches Gedankengut wie Feuer in trockenem Gras durchs Land loderte.

Einer dieser “Funkensprüher” war Matern Hatten, dessen Leben sich in einem stetigen Spannungsfeld zwischen der Reformation und dem Humanismus bewegte: Sven Gütermann rekonstruiert Lebens- und Wirkbezüge des Priesters aus der Freien Reichsstadt Speyer. Kaum 60 Kilometer von Bretten entfernt begann hier um das Jahr 1470 eine durchaus bemerkenswerte Vita, deren Nachzeichnen auch die Zeit um 1500 – ach, sagen wir doch gleich 1504 – lebendig werden lässt.

Matern Hatten war zunächst Vikar am Speyerer Domstift – sympathisierte jedoch, wie nicht wenige seiner Kollegen, sowohl mit den Ideen des Humanismus wie auch mit der lutherischen Glaubenslehre. Fast zwangsläufig stand er deshalb auch im Kontakt mit zahlreichen Persönlichkeiten des oberrheinischen Humanismus sowie der reformatorischen Bewegung: Erasmus von Rotterdam? Fleißig im Briefkontakt. Martin Bucer? Ihm half er in der Not, aus der Notlage des Freundes erwuchs eine lebenslange Bindung. Und das sind jetzt mal nur zwei Beispiele, ja?

Den Kontakt zu seinem sozialen Umfeld musste er zum Teil brieflich und mit versteckten Hinweisen pflegen, die kleinteilige Situation der religiösen Strukturen im Oberrheingebiet machte dies notwendig: Die zusehends angespannte Situation während der frühen Reformationszeit nötigte schließlich auch Hatten zur Übersiedelung nach Straßburg, dem elsässischen Zentrum des reformierten Glaubens. Hier lässt er sich in späteren Jahren wieder, er erwirbt sogar 1544 Grundbesitz: Mit der Darstellung seiner Zeit in der linksrheinischen Kapitale, wo er Vikar am lutherischen St. Thomasstift wurde, und dies auch bis zu seinem Tod geblieben ist, schließt die lesenswert biographische Skizze, welche im Verlag Regionalkultur erschien.

Sven Gütermann gelang es hierbei, eine überraschend detaillierte Biographie sehr gekonnt mit dieser an Brüchen und Umbrüchen nicht armen Zeit zu verweben, die gerade am Oberrhein epochale Verwerfungen mit sich brachte. Ob Matern Hatten bewusst war, wie dramatisch sich die Welt in seinen Lebensjahren wandelte, das kann man zumindest unterstellen. Immerhin war er eine mehr als eigentümliche, ganz sicher aber auch sehr belesene und intelligente Persönlichkeit: Das vorliegende Buch ist somit eine angemessene, eine würdige Darstellung des 1546 in Straßburg verstorbenen Intellektuellen.

Sven Gütermann: Matern Hatten. Ein Intellektuellenleben zwischen Humanismus und Reformation am Oberrhein. Verlag Regionalkultur Ubstadt-Weiher, 144 Seiten mit 38 Abbildungen, fester Einband, ISBN 978-3-89735-979-6, 16,90 Euro.

Autor: Heiko P. Wacker