Landshut: Ein Stadtleben

Josef Deimer und Ursula Weger

Wenn die Landsknechte alljährlich während des Peter-und-Paul-Festes ins Kriegsjahr 1504 abtauchen, dann geht es vor allen Dingen um Brettens Belagerung während des Landshuter Kriegs, der geführt wurde um das Erbe Herzog Georgs des Reichen von Bayern-Landshut. Der nämlich starb am 1. Dezember 1503, was einen schon länger schwelenden Streit innerhalb der Familie der Wittelsbacher zum Flächenbrand machte. Dies hatte manch einer vorausgesehen: So bot sich noch im Juli 1504 Pfalzgraf Philipp, Administrator des Bistums Freising, für eine familieninterne Vermittlungsaktion an, indem er an die zerstrittenen Parteien schrieb: „Wan ir fürsten von Beyrn anander lang umtreibt, so mus es doch zulest mit ewr aller schaden und nachteil gericht werden.“(1) Dass Philipp erfolglos mahnte, ist kein Geheimnis: Die Schäden in der Kurpfalz waren enorm – die Schlacht um Bretten war zu diesem Zeitpunkt ohnedies schon geschlagen. Und vieles, was im Laufe der Jahre errungen worden war, ging verloren, während die finanzielle Schieflage des Landes den Handlungsspielraum auf Jahre hinaus stark einschränkte. Das Landshuter Abenteuer war ein totaler Reinfall, könnte man sagen. Zurück in der Gegenwart stellt sich nun manchmal die Frage nach der Stadt Landshut, deren Name so leichthin mit einem 500 Jahre zurückliegenden Krieg in Verbindung gebracht wird. Allerdings kennt kaum einer in Bretten die rund 300 Kilometer entfernte 60.000-Seelen-Gemeinde an der Isar, die nicht nur wegen der „Burg Trausnitz“ bekannt ist. Immerhin ist Landshut eine der bedeutendsten historischen Städte Bayerns – auch wenn die glanzvollen Jahre des späten 15. Jahrhunderts mit Georgs Tod schlagartig zu Ende waren: Vor allem die Landshuter Hochzeit, mit der Georg anno 1475 seine Vermählung mit Hedwig Jagiellonica feierte, blieb als herausragendes Ereignis jener Epoche im Gedächtnis. Noch heute bezieht sich die bedeutendste Veranstaltung der Stadt auf diese opulente Feier, mit der wenige Jahre vor dem Erbstreit noch einmal Pracht entfaltet werden konnte. Denn das Jahr 1504 war auch für Landshut eine tiefe Zäsur, wie im vorliegenden Band deutlich wird, der sich ausführlich der Geschichte der niederbayerischen Hauptstadt annimmt – auch wenn der zweite, vom Landshuter Alt-Oberbürgermeister Deimer verfasste Teil des Buchs Brettener Leser weniger ansprechen dürfte als jene aus Bayern. Den Horizont erweitert der 469 Seiten starke Band trotzdem: Ein Blick über den Brettener Tellerrand hat noch nie geschadet. Immerhin hätte ein Gelingen des Landshuter Abenteuers die alten Ambitionen der Wittelsbacher Kurfürsten aus der Pfalz – die ja auch in Bretten regierten – die Königskrone wieder möglich gemacht. Statt dessen aber hatte Bayern zur Einheit zurückgefunden – und sollte damit für die Zukunft entscheidendes Gewicht erhalten. Auch dies war eine Folge des Landshuter Kriegs. Aber das ist eine andere Geschichte …

Josef Deimer und Ursula Weger: Landshut Ein Stadtleben. Pustet Verlag Regensburg 2013 (2. Aufl.), 469 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 22 x 17 cm, 60 s/w-Abbildungen, ISBN 978-3-7917-2548-2, 24,95 Euro.

(1): BStaBi München, cgm 5384, fol 7. Zit. nach: Stauber, Reinhard: Die Auseinandersetzung um das Landshuter Erbe als wittelsbachischer Hauskrieg, In: Haidacher, Christoph und Schober, Richard (Hg.), Von Wittelsbach zu Habsburg: Maximilian I. und der Übergang der Gerichte Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel von Bayern an Tirol 1504 – 2004: Akten des Symposiums des Tiroler Landesarchivs Innsbruck, 15. – 16. Oktober 2004, Band 12, Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs, Innsbruck, 2005, ISBN 3 7030 0408 8, Seite 145-159; hier: Seite 145.

Autor: Heiko P. Wacker