Oy-Mittelberg

Landsknecht Hurra

17. Mai - 20. Mai 2012

Auf dem Feld

Wir schreiben das Jahr 2012. Ganz Oy ist von Landsknechten besetzt. Ganz Oy? Nein, ein kleiner Teil im Schwarzhochmoor war von “echten” Landsknechten besetzt. Landsknechte, die wissen wie man mit einem Langspieß umgeht. Landsknechte die ein eingespieltes Spiel haben. Landsknechte die tagelang kochen können. Landsknechte, auch Frauen die sich zu wehren wissen, weil sie es einfach können!

Organisiert wurde diese Veranstaltung durch den eigens für diesen Zweck gegründeten Verein Landsknecht Hurra e.V.. Aus mehreren europäischen Ländern wie Belgien, Schweden , Italien, Russland, Schwaben, Bayern und natürlich Deutschland trafen sich die Landsknechte und Trossfrauen mit Kindern, Hunden, Pferden und Eseln vom 17. bis 20 Mai in Oy-Mittelberg bei Kempten, um ein historisch korrektes Heerlager darzustellen. Ob die Organisatoren alle ihre Vorstellungen und Träume verwirklichen konnten, bleibt abzuwarten. Wir sagen erstmal Danke dafür.

Unser Lager befand sich auf der Anhöhe am Waldrand und bestand aus mehreren Schlafzelten, einem Geraffelzelt, einem Badezelt, Küchenzelt und Sonnensegel, um sich entweder vor dem Regen, Schnee oder der Sonne zu schützen. Dem Auf- und Abbauteam ein dreifach „Brette hajo“.

Der Ankunftstag für die meisten Landsknechte war am Mittwoch und die erste Nacht war wirklich heftig. Schnee und Graupel erschwerten die Anfahrt und die letzten Aufbauarbeiten. In der Nacht fiel die Temperatur unter null Grad. Die Wege im Lager waren schlammig und stellenweise trocknete der Boden auch nach vier Tagen nicht ganz ab. Am Donnerstagmorgen konnte man den Atem sehen, so kalt war es noch.

Aber unsere Sudlerin Natascha sorgte mit ihrem Küchenteam für das notwendige aufheizende Frühstück mit frisch gebrühtem Kaffee und „Kriegsbrei“. Außerdem backte Bettina jeden Morgen Fladen in verschiedenen Variationen. Die Verpflegung durch die Sudlerei war spitzenmäßig und es gab sogar noch kleine Snacks zwischen den Zwischenmahlzeiten wie gebackene Forellen oder gegrilltes Fleisch mundgerecht geschnitten.

An den ersten beiden Tagen stand “DER Drill” auf dem Programm. Wir gehörten zum “Renn-Fähnlein” und standen unter Hartwigs Kommando. Die Landsknechte waren ab 08:30 bis 12:00 und dann wieder um 12:30 - 16:30 unterwegs, um zu üben oder zu warten. Kampf gab es trotz Versprechungen nicht.

Der Tross musste mitziehen, um die Landsknechte zu versorgen. Am Samstag befand sich das Feldlager dann angeblich im Kriegszustand. Wer durch das Lager lief ohne Schutz, konnte aufgegriffen und festgesetzt werden. Theoretisch. Praktisch, hat es niemanden großartig interessiert. Keine Scharmützel, keine Wegelagerei, keine Schlacht, kein Gemetzel… nur warten, warten, warten…

Des Abends wurde auf dem freien Platz inmitten des Feldlagers neben dem Galgen Gericht gehalten und der eine oder andere Landsknecht spürte die Hiebe des Henkers auf seinem Hinterteil. Aber ansonsten wird wohl nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird! Auf jeden Fall ist mir nicht bekannt, dass irgend ein Landsknecht sein „Leben lassen musste“. Allerdings gab es auch in unserem Lager ein Vorfall, der zu einem „richterlichen“ Spruch führte: Zwei unserer noch jungen Landsknechte wurden „beschuldigt“, andere zur Rauferei angestiftet zu haben. Dank unserem Albi war der Schiedsspruch noch einigermaßen zu ertragen. Die beiden Landsknechte wurden dazu verdonnert, sofort ihre Schlafstatt aufzusuchen und sich zur Ruhe zu begeben. Dies wurde sogar von der Obrigkeit überprüft und die Schuhe derselben eingesammelt! Florian, unser jüngster Landsknecht, fand es doch sehr merkwürdig, dass so große Kerle früher als er schlafen gehen müssen. So die Idee, praktisch sind sie natürlich nicht ins Bett sondern haben sich herumgetrieben. Keine Disziplin und Ordnung bei unseren jungen Knechten! Das sieht man beim BOL dann nicht so gerne… Wir verraten natürlich nicht wer die beiden waren.

Jeden Tag musste der Tross mit Wagen, Pferden, Eseln (!) und Trossfrauen zum Einkaufen ziehen. Die Landsknechte hatten dabei die Aufgabe, den Tross vor Überfällen zu schützen, was teilweise zu erheblichen Wartezeiten führte, da einfach kein Feind auftauchte und wenn mal einer kam, ist er auch ganz schnell wieder verschwunden. Wenigstens hatte man so täglich auch seinen Spaziergang durchs Allgäu.

Endlich beim Markt angelangt, konnten sich die wackeren Landsknechte und Trossfrauen mit allem versorgen und sich für den gefährlichen Heimweg stärken. Der jüngste Landsknecht im Lager, Florian, hat auf diesem Feldzug seine Liebe zu den Eseln entdeckt und durfte jeden Tag auf einem Esel zum Markt reiten. Die Burgwehr aus Rottweil hat in ihrer Gruppe das Puppentheater aus der Suppengasse und die wiederum waren mit drei Eseln im Lager vertreten. So wurde aus mancher Trossfrau noch eine Eselsführerin, was bei dem Haufen sicher nicht schaden kann. Tapfer lief sie Kilometer um Kilometer neben Lara (Esel) oder Samson (auch ein Esel) her, hoffen wir mal, dass sie sich nicht zu sehr daran gewöhnt hat, in Bretten könnte das schwierig werden, obwohl, so ein mobiler Gwandschank auch was für sich hat.

Samstags wurde dann morgens versprochen, dass heute dann aber wirklich gekämpft wird. Nach der “Morgenschicht” waren wir schlauer. Nichts mit Kampf nur ein bisschen Pläng, Pläng aber wehe einer benutzt seinen Langspieß. Zur Abwechslung mal inkl. Kavallerie. Gasse auf, Pferd durch, Gasse zu. Gasse auf, Pferd durch, Gasse zu. Gasse auf, Pferd durch, Gasse zu…

Nach einem weiteren fünf Gänge Menü aus der Sudlerei. Ging es in die nächste Runde und jetzt wird wirklich gekämpft haben sie gesagt. Und ja diesmal ging es wirklich zur Sache! Juhuu. Man muss dazu sagen, dass wir bisher immer nur Langspieße dabei hatten, da wir aber nicht ganz so dumm sind wie mancher von uns vielleicht aussieht, haben wir diesmal unseren Trosswagen mit Hellebarden bestückt, um so zur mobilen Einheit zu werden.

Hat auch wunderbar funktioniert, diesmal gab es auch wirklichen Kampf. Fähnlein Feder wollte sich mit uns anlegen… Wie lustig… Fanden die zwar nicht aber wir hatten Spaß inkl. anschließendem Moorbad, fliegendem Trosswagen und Brettenern Waldläufern. Beni durfte mal wieder ritterlich Kämpfen und Dirk strahlte über beide Ohren als wir den Befehl bekamen uns selbständig zu bewegen. Schee wars…

Am Sonntag sollte eine große Schlacht im Allgäu, ohne jeglichen historischen Ursprung aus der Sumpf gestapft werden. Was auch ordentlich funktioniert hat. Alle waren dabei, Spießer, Hellebardiere, rennende Bihänderkämpfer, Trossweiber, Kavallerie, Kanonen mobil und fest.

Dass es anstrengend werden würde, wussten wir vorher schon. Aber im nach hinein ist man bekanntlich immer klüger. Man könnte sagen „Die spinnen ja, die Landsknechte“…. Aber Spaß hat es trotzdem gemacht, das zweite Europäische Landsknecht Hurra.

Wie ihr wollt noch wissen wer die Schlacht gewonnen hat? Wir natürlich wer sonst?

Text: Regina Nagel, Ulrich Beyle

Bilder: Ralf Kafka, Regina Nagel, Thes Obhof